Zur Aufrechterhaltung und Standardisierung einer bedrohten Sprache

Wer oder was ist Zazaki ?

Das Zazaki ist eine Sprache, welcher dem nordwestiranischen Zweig der indogermanischen Sprachen angehört. Die Bezeichnung Zazaki hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt. Diese Sprache, welche in der historischen Region Ost-Anatoliens Dersim beheimatet ist, wird unter anderem auch Kırmancki, Zonê Ma, Dımılki und Kırdki genannt.

Zur Zaza-Sprache wurden bisher mehrere Untersuchungen seitens diverser SprachwissenschafterInnen und KurdologInnen gemacht. Dr. Jost Gippert, Dr. Ludwig Paul, Mesut Keskin, Dr. Agnes Korn, Dr. Heiner Eichner sind nur einige SprachwissenschafterInnen, die sich mit dem Zazazaki auf akademischer Ebene befassen.

Seit Mitte der 80er werden in Europa (hauptsächlich Schweden und BRD) Zeitschriften und Bücher auf Zazaki herausgebracht. Seitdem die Sprachpolitik in derTürkei Mitte der 90er Jahre gelockert wurde, erscheinen die meisten Werkte in Istanbul. In den letzten Jahren werden sowohl in den türkisschen metropolen als auch in den Städten wie Istanbul, Bingöl und Adana Zaza-Vereine gegründet, die auch Sprachkurse anbieten. Auc hwerden an den Universitäten Tunclei, Bingöl und Mardin über das Zazaki gerforscht.

In Österreich wurde das Zazaki zunächst in den kurdischen und alevitischen MigrantInnenvereinen unterrichtet. Heute wird das Zazaki in Österreich in den Wiener Volkshochschulen für interessierte StudentInnen und Erwachsene angeboten. In den Wiener Volksschulen wird nach Bedarf und Interesse das Zazaki den Schulkindern unterrichtet. In

Wien gibt es eine Radiosendung namens SOBE, welche einmal in der Woche jeweils zweistündig via Radio Orange gestrahlt wird. Außerdem gibt es mittlerweile Kinderbücher in Zazaki.

Die Bedeutung der europäischen Diaspora bei der Wiederentdeckung der Zaza-Sprache

Die ursprüngliche Aufmerksamkeit für diese Sprache wurde zunächst über die Zaza Zeitschriften, dann aber noch stärker und populärer von den Dersimer Künstlerinnen geweckt. Diese mussten aufgrund diverser politischer Gründe im Zuge der linken StudentInnebewegung, aber auch der kurdischen Nationalbewegung und vor allem nach dem Militärputsch 1980 in der Türkei das Land verlassen und in die europäische Diaspora auswandern. Im Exil haben die meisten angesichts der Möglichkeit der freien Auslebung der kulturellen, sprachlichen und religiösen Identitäten und unter anderem auch unter dem politischen Wind der kurdischen Bewegung zu ihren Wurzeln gefunden. Die Vorarbeiten zur Auseinandersetzung mit der eigenen Identität begannen bereits in Deutschland. Als sie wieder zurück in ihr Herkunftsland durften, starteten einige dieser KünstlerInnen in Dersim mit ihren ersten Archivierungsarbeiten. Alte bisher nur mündlich tradierte Lieder wurden neu komponiert und an die Öffentlichkeit getragen. Damit begann ab Mitte/Ende 1990er eine Welle der Verbreitung und Veröffentlichung von Zaza-Volksliedern unter DersimerKünstlerInnen wie Mikail und Ahmet Aslan, Nilüfer Akbal, Sena etc. Die Wiederentdeckung des Zazaki via Musik erweckte auch unter den jüngeren Generationen großes Interesse.

Auch wurde die tiefe Verbundenheit der Sprache mit dem Glaubenssystem der Region entdeckt

In den letzten Jahren wurde zusätzlich festgestellt, dass hier weiterangesetzt und das Zazaki auf akademischer Ebene mehr an Boden gewinnen muss. Der größte Teil der Sprecherinnen des Zazaki gehören dem Alevitischen Glauben an. Der Alt-Dersimer Alevismus, desen Wurzeln auf eine polytheistische Naturreligion zurückgehen, ist eng verbunden mit der Sprache des Zazaki. So wurden religiöse Rituale und Tradierungen ursprünglich in Zazaki abgehalten. Aufgrund diverser Assimilationspolitiken des türkischen Staates ist es auch in diesem Punkt erst heute eine Wiederentdeckung der Auslebung des Glaubens in dieser Weise möglich. In Dersim wird der Alevimsus im Vergleich zum Alevismus, welche im westlichen Teil des Landes praktiziert wird, anders ausgelegt. Metin und Kemal Kahraman sind ebenso bemüht in diesem Bereich, nämlich zur Frage der Identität der DersimerInnen Dokumentarfilme, wie zum Beispiel „Gola Çetu“ mit der Öffentlichkeit zu teilen.

Die Relevanz des Zazaki heute Schätzungsweise gibt es 5-6 Millionen Zaza-SprecherInnen in der Weltpopulation. Die Hochburg der Zaza-SprecherInnen ist die Region Zentral-Dersim (heute: Tunceli, Erzincan, Bingöl, teilw. auch Diyarbakir und Elazig). Aus der Region Dersim sind im Zuge der Assimilationspolitiken der türkischen Regierungen ein sehr großer Teil zunächst in die Großstädte der Türkei, dann in die europäische Diaspora ausgewandert. Heute sind ein großer Teil der Alt-DersimerInnen in der Welt gestreut und sehr viele leben in Europa. Ein Großteil der AlevitInnen, welche in der europäischen Diaspora leben sind Zaza-SprecherInnen.

In Österreich, in Deutschland, in der Schweiz und in der Türkei gibt es in der Zwischenzeit mehrere Formen von Bemühungen das Zazaki am Leben zu erhalten: Unterricht und Forschung an manchen Universitäten, Unterricht an europäischen Volksschulen und Volkshochschulen, künstlerische Darbietungen (Musik, Theater), Zeitschriften, Internetseiten, Kinderbücher, Radiosendungen etc.

Zum politischen und wirtschaftlichen Stellenwert des Zazaki

Die wichtige Frage ist, wohin diese Bemühungen führen sollen? Das Zazaki hat derzeit weder einen politischen noch einen wirtschaftlichen Stellenwert in der Welt. Jene Personen, welche sich mit der Sprache befassen schätzen die Anzahl der Zazaki SprecherInnen in Österreich grobgenommen auf 3000 bis 5000 Menschen, wobei hier betont werden muss, dass die Sprache selbst unter den älteren Generationen, dadurch, dass sie nicht im Alltag durchgehend gebraucht wird, nur gebrochen gesprochen wird. Die SprecherInnen sind ziemlich aus der Übung und müssen sich oft große Mühe geben, um keine türkischen Wörter und Ausdruckweisen miteinzumischen.

In diesem Zusammenhang begrüßen die SprecherInnen die Arbeiten des RaaMa-Teams sehr und sind bemüht sich wieder zurückzubesinnen, um die Sprache ihren Kindern weiterzuvermitteln. Das Interesse für die Aufrechterhaltung und Weiterpflege der Sprache ist gegeben und am Wachsen.

Zweck des Symposiums

Das Symposium soll dazu dienen die Gegenwart und die Zukunft des Zazaki auf den Tisch zu legen. Es sollen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für das Weiterleben der Sprache in den Raum geworfen und Optionen aufgestellt werden. So ist die Frage nach der Standardisierung der Sprache auch unter den SprachwissenschafterInnen ein großes Fragezeichen. Nachdem das Zazaki in sich mehrere Dialektformen aufweist und die SprecherInnen sich über die politische Dimension bisher keine Gedanken gemacht haben, ist die Frage nach der Standardisierung noch offen bzw. in welcher Form diese Standardisierung erfolgen kann ebenso.

In diesem Zusammenhang weicht die Diskussion nicht selten in die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit der SprecherInnen des Zazaki ab. Bisher zählten sich bzw. wurden die SprecherInnen des Zazaki zu den KurdInnen (gezählt). Interessanterweise ist es sozialpolitisch zu beobachten, dass vor allem im Zuge der kurdischen Nationalbewegung vor allem ein Großteil der jüngeren Generation der Zazaki SprecherInnen sich zu den Kurdinnen zählt. Bei den älteren Zazaki SprecherInnen um die 80 Jahre ist eine nationale Selbstzuordnung weder zu den KurdInnen noch zu den TürkInnen der Fall. Nachdem in den letzten Jahren sich die Meinung unter den SprachwissenschafterInnen gefestigt hat, dass das Zazaki eine eigene Sprache ist, wurde die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit laut. So ist die Frage interessant, inwiefern die Sprache allein für die Bestimmung der ethnischen Zugehörigkeit ausreicht oder nicht bzw. welche anderen Faktoren hier noch bestimmend sind.

siehe „Vortragsinhalte“ ab Seite 3

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