Tagung SISters in SOLIdarity, #buildingbridgesforsisterhood, 09.03.2023, Wien

Reports #turkeyearthquake2023 by Ekmek ve Gül

Gerade in Zeiten der wachsenden Entsolidarisierung und Isolationsprozessen innerhalb von Mainstream oder Social Media definierten Blasen ist die Bildung und Stärkung von Brücken für Solidarität und Dialog besonders wichtig, um v.a. den Durchblick für das eigentliche zu bewahren und nicht zu verlieren.

Der Erdbeben hat noch einmal deutlich gemacht, dass der Staat gerade auch in Krisensituationen „blind auf dem weiblichen Auge“ ist. Neben dem miserablen Krisenmanagement der türkischen Regierung, was bis heute für größten Unmut innerhalb der Bevölkerung sorgt, wurden die besonderen Bedürfnisse insbesondere von Frauen völlig außen vor gelassen, ignoriert und nicht gesehen. Es war dies der Grund, warum sich Frauenorganisationen in der Türkei relativ rasch in der Selbstorganisation wiedergefunden und vom ersten Moment an zu jenen dazu gehört haben, die gemeinsam mit anderen NGOs die ersten Lebens- wichtigen und notwendigen Schritte gesetzt haben, während die Regierung und die staatlichen Behörden in den ersten drei Tagen gar nicht vor Ort sein konnten. Expert*innen zufolge sind gerade in den ersten 72 Stunden bis zu 70 Prozent der vom Erdbeben-Betroffenen noch zu retten. Nachdem das in der Türkei nicht eintreten konnte, sind den Berechnungen von Expert*innen zufolge um die 100.000 Menschen v.a. an Unterkühlung gestorben.

In Syrien sind es v.a. die durch IS besetzten Gebiete, die vom letzten Erdbeben betroffen sind und aus unterschiedlichen Gründen (wie z.B. auch Sanktionen) die Hilfs- und Rettungsgüter erhalten konnten. In der Türkei gibt es offiziell 6 Millionen und den Dunkelziffern zufolge mindestens 10 Millionen Kriegsvertriebene. Auch hier waren es in erster Linie die selbst-organisierten Frauen, die die rassistischen Hetzversuchen gegenüber den Flüchtlingen, um von der zumindest in den ersten drei Tagen ziemlich unterlassenen Hilfeleistung der Regierung abzulenken, abwehren konnten und auch hier die Solidarität mit ihren syrischen, afghanischen und arabischen Schwestern hochgeheißen und gefunden haben.

Bis heute sind die Menschen auf ihr eigenes Schicksal überlassen. Toiletten, sauberes Trinkwasser und Wasser überhaupt sowie Hygiene-Utensilien und Unterkunft fehlen bis heute. Dass die Erdbeben-Betroffenen dann am 15.03.2023 noch einmal durch Flut und Überschwemmung heimgesucht wurden, unterstrich noch einmal die nur Profit-orientierte Bauweise im Land, die aus Naturereignissen durch Menschenhand-gemachte Katastrophen werden lässt. Während alldem hat sich die Politik längst in vollen Zügen auf die Präsidentschafts- und Abgeordnetenwahlen am 14.05.2023 fokussiert. Es sind die NGOs, viele Freiwillige und die Frauen, die in der Erdbebenregion in gegenseitiger Unterstützung Hilfe leisten und einander unter die Arme zu greifen suchen.

Das Video, das vom größten Frauen-Netzwerk in der Türkei, Ekmek ve Gül, https://ekmekvegul.net/, produziert wurde, machte die Eröffnung unserer Frauentagung und berichtet über die Frauen-Selbstorganisation und die bis heute andauernden Tätigkeiten in der Türkei und in der Region.

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