Der (Islamo-)Kemalistische Orientalismus – Ein Essay

 

Patricia Purtschert, Francesca Falk and Barbara Lüthi schreiben “[…] Switzerland is considered to be situated outside colonial constellations and not historically laden with racism” und ihre Absicht mit diesem Artikel lautet „In this essay we apply the concept ‘colonialism without colonies’ in order to point out the specific postcolonial constellation of places like Switzerland, which were highly involved in and affected by colonialism without having developed a respective self-conceptualization” (Purtschert et al 2015: 2). Die besondere Stellung der Schweiz wird im Vergleich zur Situation Frankreichs zum Thema Kolonialismus klarer. Und zwar: „A notion that is characteristic of the Swiss debate is that, as a nation-state, it was never officially regarded as or understood itself as a colonial power” (Ebd.: 3).

Während Frankreich im Sinne eines “new self-image” die „positive Seite“ des französischen Kolonialismus in den afrikanischen Staaten als Einleitung in die Moderne hochspielen zu bemüht war, ging es Italien und Deutschland viel eher darum, „[…]to downplay their own colonial past as an insignificant note on the margins of history“ (Ebd.). In Bezug auf die Schweiz und Österreich sind die Autor*innen der Meinung, dass tatsächlich beide Länder offiziell keine Kolonialmacht innehaben und: „The application of a postcolonial perspective has enabled a theoretical shift in the focus of postcolonial theory, away from cultures and societies with formal colonies and towards countries that explicitly think of themselves as outsiders within the European colonial constellation of power” (Ebd.).

Dass die nordischen Staaten in keiner Weise in die ausgeführten Diskussionen miteinbezogen wurden fand – laut den Autor*innen – mit den postkolonialen Untersuchungen einen Bruch, denn: „Through the lens of postcolonial analysis, the term ‘complicity’ implies participation in hegemonic western discourses and their universalistic modes of thought and practices of dominance” (Ebd.). Damit kommen sie auf die Frage der “internal colonization” zu sprechen, welche im Beispiel mit der finnischen Völkerumschichtung, in der die indigene Bevölkerung der Sami von ihren ursprünglichen Lebensräumen zwangs-evakuiert wurde, deutlich wird (Ebd.). Die Autor*innen zitieren Ulla Vuorela, die schreibt: “Instantiating knowledge orders that rely on a Eurocentric ‘universal truth’ (Kursiv: Z.A.) has effects that reach beyond these concrete colonial conquests and forced displacements, and serves to legitimize expansions or justify certain lifestyles” (Ebd.: 5).

Während die postkoloniale Aufarbeitung bezüglich Eingebundenheit in die Kolonialgeschichte langsam geschieht, erfährt auch die Idee des „modernen“ Nationalstaates, und die Idee bezüglich „‘global“ and „good citizens“ , peace-loving, conflict-resolution oriented“ Image der skandinavischen Staaten, einen Wandel (Ebd.). Die Idee, dass sie „modern“ sind scheint diese Staaten auch unantastbar („concealement“, Anm.) und nicht kritisierbar zu diesem Thema zu machen, denn sie meinen mit dem Kolonialismus „nichts zu tun zu haben“.

 „Internal colonization“ und das „Doğu“

In diesem Essay möchte ich in Anlehnung an die Begriffe „internal colonization“, „universal truth“ und „mediating role“ der Frage nachgehen, wie die Türkei den – im Sinne des „othering“[1] –  „Osten“ (Türkisch: Doğu) kolonisiert und sozusagen “orientatlisiert” hat und bis heute ihre Hegemonie in der sozusagen “geotherten” Region durchsetzt. Soziologe Besim Can Zırh schlägt in hierzu folgende Begrifflichkeit vor „değillemek“ oder „değiller“ , das übersetzt im Englischen „the negated“ und im Deutschen „der/die Negierte“ heißt. Zırh erklärt, dass nicht-türkische und nicht-sunnitische Volksgruppen, kurz jene, die außerhalb des Paradigmas „Türk, Türkisch, Sunnitisch“ –„milli-muhafazakarlık” (Deutsch: national(istisch)er-Konservatismus) sich befinden nicht als „die Anderen“, sondern als die „nicht-Existierenden“, die „Değils“ aufgefasst und inszeniert werden, um das homogenisierende und vereinheitlichende Paradigma vehement zu stabilisieren (Zırh 2015: 331). Am Ende dieser kreierten Mythologie sind die Kurd*innen dann die Bergtürk*innen und die Alevit*innen die Träger*innen der wahren und ursprünglichen türkischen Kultur aus Zentralasien.

Ülke’nin Doğu’su“, „Doğu“ ist die allgemeine Bezeichnung der zu großen Teilen von Nicht-Türk*innen bewohnten Region. Dieses Doğu repräsentiert in der allgemeinen Wahrnehmung der „türkischen Gesellschaft“ Armut, Gewalt, feudale Lebensweisen, die Undankbaren, die den Staat nicht zu schätzen wissen, Islam, Terror, Krieg, Militär, Rückständigkeit und Unterentwicklung.

Ich werde von nun an bewusst die Bezeichnung Doğu verwenden, welche vor allem aus Sicht der türkisch-nationalistischen Idee Verwendung findet, denn sie ist im Land allgemeingültig und wird stets angewandt, um auf etwas „Fremdes“ innerhalb der eigenen Misak-ı Millî (türkische Staatsgrenze, Anm.), „noch nicht an das Türk-Türkisch-Kemalistische Ideal angepasste etwas, „das Andere“,  zu zeigen. Mit dieser allgemein, gesamtgesellschaftlichen Haltung und dem Krieg, der gegen die Bewohner*innen dieses Doğu seit (offiziell) 1984 geführt wird, ist die Kolonialmacht(-Ausübung) der Türkei innerhalb der eigenen Staatsgrenzen und gegen eigene Staatsbürger*innen, – insbesondere seit der militärischen Bombardierungswelle der Region seit Juli 2015 – eindeutig.  

In der Türkei schicken Menschen ihre Söhne zum Militär und damit in den Krieg im Doğu und jede Person rechnet dann mit dem Tod ihres innerhalb der eigenen Staatsgrenzen für das Vaterland, die Nation und die Flagge (Türkisch: Vatan, Millet ve Bayrak) gefallenen Sohnes (Türkische Soldaten tragen den Namen Mehmetçik im allgemeinen Volksmund; Anm.). Das Ziel von diesem Kampf ist „Vatan’ın bir karış toprağını düşmana kaptırmamak” (Deutsch: Nicht eine Priese von Erde darf dem Feind überlassen werden). Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der seit Beginn seiner Karriere als Staatsoberhaupt fungiert hat und gerade zu Anfängen mit Zitaten von Gedichten auf große Symphatie in der Gesamtbevölkerung stieß, spricht immer wieder folgende Verse von Mithat Cemal Kuntay, der diese 1938 zum 15 Jahre Jubliäum der Republik verfasst hat: BAYRAKLARI BAYRAK YAPAN ÜSTÜNDEKİ KANDIR. TOPRAK EĞER UĞRUNDA ÖLEN VARSA VATANDIR (Deutsch: Die Flaggen sind nur dann Flaggen, wenn sie mit Blut versehrt sind. Erst wenn für die Erde gestorben wird, ist es Heimat).

Der Feind von dem hier neben den Emperyalist Güçler[2] die Rede ist, sind Kämpf*innen des Partiya Karkerên Kurdistanê (kurdische Nationalbewegung, PKK; Anm.). Wenn Kurd*innen im Land auf die Straßen gehen, um zu protestieren rufen sie “PKK halktır, halk burada!” (Deutsch: Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier!). Menschen, die vom Doğu kommen haben stets eine benachteiligte Situation inne. Ihre ethnische und linguistische Identität wurde ihnen verweigert. Mal hießen sie „Bergtürken“, mal „Rückständige, die zivilisiert gehören“, seit 1980ern nennt man/frau sie Terrorist*innen.

Am 28. Dezember 1938 wurde das Projekt Köy Enstitüler‘i[3]  unter der Einparteienregierung Ismet Inönü und in dessen Auftrag durch den damaligen Bildungsminister Hasan Âli Yücel ins Leben gerufen. Die begabtesten Kinder in Anatolien wurden speziellen Ausbildungen unterworfen, um dann als Lehrer*innen die kemalistische Indoktrinierung im Land in vollen Zügen durchzusetzen. Ismet Inönü war der zweite Staatsmann neben Atatürk und wie der Schriftsteller der türkischen Nation, Ziya Gökalp war auch Inönü – trotz seines kurdischen Ursprungs und trotz der kurdischen Aufstände (zu den Anfängen der Gründung der Republik; Anm.) –  anführend und initiierend bei der Durchsetzung und Etablierung des Türk-Nationalismus/Kemalismus im Land treu. Zur gleichen Zeit wurden zwischen 1932 und 1951 die Halkevleri[4] (Deutsch: Volkshäuser) errichtet, um im Rahmen eines staatlich geförderten Projekts zur Verbesserung der Bildungssituation – in erster Linie die allgemeine Alphabetisierung (Aufhebung der arabischen Schrift; Anm.) – und das Erlernen der „modernen europäischen Kultur“ und Besinnung auf die „türkische Volkskultur“  zu etablieren;

„[…] collective identity is based on the (selective) process of memory, so that a given group recognizes itself through its recollections of a common past […] the defense of a given cultural identity easily slips into the most hackneyed nationalism or even racism […]“ (Bulmer; Solomos 1998: 827)

Der nationale Leitslogen „Ne mutlu Türk’üm diyene!“ mit großen Aufschriften, die Nationalflagge, die Atatürkbüsten und –standbilder wurden insbesondere in die Berge und alle möglichen öffentlichen Räume im Doğu aufgestellt. Die türkische Nationalhymne und alle möglichen Atatürk, Nation, Flagge und Vaterland verherrlichenden Gedichte wurden und werden den Kindern bereits im Volksschulalter aufgezwungen.

Solange die Person sich nicht auf ihre nicht-türkische ethnische Identität beruft und dem Vatan und Millet treu ist, können – wie hier ersichtlich wird – zentrale Schlüsselpositionen im Staatsapparat besetzt werden. So ist heute bekannt, dass das achte Staatsoberhaupt der Türkei Turgut Özal (amtiert 1989-1993; Anm.), wie einige andere Staatspersonen auch, ein Kurde gewesen ist. Es scheint auch, dass es der Verdienst dieser Menschen gewesen ist, möglichst effiziente Assimilationsprojekte in diesem Doğu durchzusetzen[5]. Türkisch galt als einzig legitime und offizielle Sprache. Sehr viele Menschen nicht-türkischer Sprachkenntnisse wurden ab den 1940ern und spätestens mit dem Beginn der Volksschule von ihren Erstsprachen gewaltsam getrennt. Oft wurde die Verwendung anderer Sprachen durch Lehr*innen und später dann auch von den Eltern – aus Sorge vor staatlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung und Angriff – bestraft. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass es heute sehr viele Menschen gibt, die sich nur noch schwer an ihre Erstsprache erinnern können. Viele Sprachwissenschaftl*innen und darunter auch der kurdische Linguist Feryad Fazıl sind der Meinung, dass „Sprache ein Instrument zur Übermittelung der Kultur ist“.[6]

Basierend auf „die zentralistische und türkisch-islamische Politik der 1913 errichteten Einparteiendiktatur – „Einheits- und Frontpartei“ (Türkisch: „Ittihat ve Terakki Partisi“), welches als die Vorgängerorganisation der heutigen Republikanischen Volkspartei CHP (Türkisch: Cumhuriyet Halk Parti‘si) gilt, sehen wir ein gewaltiges Projekt, wie eine Nation und ein entsprechendes Nationalbewusstsein kreiert werden kann (Kieser 2001). Diese Entwicklungen sind bis heute zu beobachten; inter-ethnische und inter-religiöse Konflikte, oder etwa die Phobie bezüglich der Spaltung des Vaterlands (Türkei; Anm.) durch die „imperialistischen Mächte“ (Türkisch: Emperyalist Güçler), welche auf die traumatisierte Erfahrung des Zerfalls des Osmanischen Reichs zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang ist auch die ausgeprägte Idee bezüglich „Neo-Osmanisches Reich“ zu sehen, die besonders stark seit der dritten Regierungsperiode (dritter Parlaments-Wahlerfolg 2011) der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung AKP (Türkisch: Adalet ve Kalkınma Parti‘si) aktuell ist.

Einige Sozialwissenschaft*innen sind sich darin einig, dass die „türkische“ Bevölkerung dem etablierten am Zentrum orientierten autoritären Regimes, welches vor allem nach dem dritten Militärputsch am 12. September 1982 (erste: 27. Mai 1960; zweite: 12. März 1973; vierter in-offizieller Putsch: 28. Februar 1997; mittlerweile der letzte „merkwürdige“ Putsch: 15. Juli 2016) sich stark festigte, ein Ende setzen wollte (Keyman; Öni 2003: 4ff; Insel 2003: 295f). Der Erfolg der AKP, welche am 3. November 2002 mit einer Mehrheit von 34,2 % zu alleinigen Regierungsmacht wurde und 66 % der parlamentarischen Sitze erhielt, war laut mehreren Sozialwissenschaft*innen ein Ergebnis der sozialen Unzufriedenheit in der Türkei (Ebd.: 2f). Die immer stärkere Abweichung des Staates von den Interessen der Bevölkerung, vor allem aber die ökonomische Unzufriedenheit, aber auch die politische Skepsis in Bezug auf die Regierungsfähigkeit der Koalitionsregierung davor, sollen für den Sieg der AKP gesorgt haben (Keyman; Öni 2003: 1fff; Yıldırım; İnaç; Özler 2007: 5fff). So schreibt Mecham

„Rapid inflation in 2001, coupled with a profound economic recession in 2001-02 created widespread unemployment and consumer desperation among many of those living on and beyond the margins of the Turkish economy. Public perceptions of parliamentary deadlock, embedded inequitable patronage networks and desperate personalized political battles among incumbents provided strong incentives to vote for change” (Mecham 2004: 340)

Die AKP trat zunächst als neue Hoffnung und „Dritter Weg“ in der Diskussion zur kurdischen Frage auf. Die Rückbesinnung auf islamische Brüder*schaft erweckte besonders bei der alevitischen Bevölkerung (offiziell nicht anerkannte, ethno-religiöse, heterogene Glaubensgemeinschaft in der Türkei; Siehe Arslan 2016) und anderen nicht-sunnitisch muslimischen Minderheiten Besorgnis. Mit den Oslo-Verhandlungen 2009 zwischen der Regierung und der pro-kurdischen Partei Demokratik Topum Parti’si DTP (Deutsch: Demokratische Volkspartei) bzw. dem türkischen Geheimdienst (Türkisch: Milli Istibahart) und der PKK wurde im Bundesblatt folgendes veröffentlicht: Terörün Sona Erdirilmesi ve Toplumsal Bütünleşmenin Güçlendirilmesine Dair Kanun adıyla yayınlanarak kanunlaşmıştır (Deutsch: Richtlinie zur Beendigung des Terrors und Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts)[7]. Ein spannendes Ereignis während diesem  Prozess, welcher bis 7. Juni 2015 aufrecht war, passierte mit der Newroz-Rede  2013 des PKK-Führers Abdullah Öcalan, der seit 1999 in einem Isoliergefängnis auf der Insel İmralı lebenslänglich verhaftet ist. In dieser Rede, welcher als staatlich genehmigter Brief durch die Rechtsanwält*innen Öcalans die Öffentlichkeit erreichte, rief Öcalan zum Waffenstillstand auf und trat für die Brüderlichkeit der muslimischen Völker ein – gleich nach der Idee zu Zeiten Atatürks, der sich um die Unterstützung der kurdischen Klans und Stämme einzuholen ebenso auf die Muslimbrüder*schaft beider Völker bezog und diese propagierte.[8]

In den weiteren Jahren ihrer Regierungsmacht gab es mehrere Höhen und Tiefen. Allgemein sank die Dialogbereitschaft der AKP zum Thema der kurdischen Frage immer mehr. Die Parlamentswahlen am 7. Juni 2015 brachten ein Wahlergebnis[9], das die pluralistische Gesellschaftsstruktur der Türkei wiederspiegelte und große Hoffnung und Freude in der Gesamtgesellschaft erweckte. Die Alleinregierung der AKP wurde gebrochen und Stimmen von Minderheiten wie der Alevit*innen, Kurd*Innen, von Homosexuelle*, etc. fanden Repräsentanz, doch noch bevor die Bevölkerung einer neuen, demokratischen Türkei und einer Idee der „Veränderung ist möglich“ ausreichend glauben und Vertrauen schenken konnte, begannen die militärischen Operationen im Doğu. Der Waffenstillstand, den es seit Frühjahr 2013 gegeben hatte wurde plötzlich durch die Regierung beendet und seit Juli 2015 herrscht der Ausnahmezustand im Doğu. Damit nahmen Aussagen wie „Gebt mir 400 Abgeordnete und ich werde den Krieg beenden“ von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ihren Platz in der Geschichtsschreibung und den Gedächtnissen der Menschen ein.[10]

Gerade die folgenden Jahre der AKP Regierung machten deutlich, dass es sich im Grunde genommen um einen Machtwechsel von einer kemalistischen Elite zu einer islamischen Elite handelt und zwar ohne, dass ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Viele Journalist*innen, Intellektuelle, Schriftstell*innen, wie auch die türkisch-kurdische Menschenrechtaktivistin und Rechtsanwältin Eren Keskin meinen, dass es keinen Unterschied zwischen den Kemalist*innen und den Islamist*innen gibt.[11] Das Land erlebt nach wie vor eine Türk-Türkisch-Sunnitische Hegemonie. Insbesondere durch die Säuberungswellen der Regierung, welche mit den Ergenekon Prozessen[12] ihren Lauf nahmen und bis heute gravierende Ausmaße annehmen, steigt die Besorgnis der restlichen 50 % Prozent der Bevölkerung an, die eine AKP nicht gewählt haben und dieser kritisch gegenüberstehen.[13]

Die Idee, dass dieses Doğu (für die kurdische Nationalbewegung also das Nord-Kurdistan; Anm.) eine Kolonie der Türkei ist, findet unter den politischen Aktivitst*innen große Zustimmung.[14] Die Kriegsökonomie scheint sich seit an die vierzig Jahren (1984) mehr zu rentieren, als konkrete Investitionen in den Bereichen Kultur, Vielfalt, Bildung, Ökologie, etc. Die Vegetation wird bombardiert und in Brand gesetzt, sodass unter anderem auch die Haupteinnahmequelle der ansässigen Bevölkerung Viehzucht- und Landwirtschaft an Existenz einbüßen und  Einwohn*innen stets in die Binnenmigration getrieben werden.

Wie aus dem Text von Patricia Purtschert, Francesca Falk and Barbara Lüthi abgleitet werden kann, haben wir es hier mit einem Fall der „internal colonization“ zu tun. Diese Idee liegt insofern nahe, da der moderne Staat, welcher jahrzehntelang Hand in Hand mit dem sunnitischen Islam und dem Kemalismus (türkischer Nationalismus; Anm.); sozusagen mittels Islamo-Kemalismus hegemonial regiert wird[15], im so genannten Doğu moderne, westliche, zivilisierte Werte; sprich Kemalismus/türkischer Nationalismus im Rahmen gewalttätiger Zivilisierungsprojekte durchzusetzen vermochte und es auch weiterhin vermag. Varela und Dhawan schreiben

„Der koloniale Diskurs hat unzählige Konzepte und Theorien zur Erklärung der kolonisierten Anderen und zivilisierenden und zivilisierten Selbst hervorgebracht. Geradezu exemplarisch hat Edward Said dies am Konzept des Orientalismus demonstriert. Orientalismus lässt sich beschreiben als ein Set von Praxen mit dem Ziel, den Orient zu studieren und damit besser >kennen zu lernen<“ (Varela; Dhawan 2003: 271)

Der an westlichen Nation-(staat)bildung angelehnte Kemalismus schuf sich seinen eigenen Orient, das Doğu.

Zeydanlıoğlu zitiert in seinem Essay „The White Turkish Man’s Burden”:

Orientalism, Kemalism and the Kurds in Turkey“ Soğuk (1993: 374) und schreibt „Accordingly, when nationalist elites project the internalised Orientalism “inwards” as part of the nation-building process, the “native” emerges as an Other that becomes the target of “corrective” and “scientific” projects of modernity and progress. The transformation of the native is undertaken through a return to the “disciplinary narratives of the West” (Zeydanlıoğlu Essay in Academia)

So sind hier auch folgende Zitate von Partha Chattarje durch Zeydanlıoğlu von aufklärerischer Bedeutung für die vorliegende Arbeit

“Accordingly, Partha Chatterjee (1986: 30) has concluded that through an acceptance of the notion of “modernity”, the basis of colonial dominance, “Eastern” nationalisms have themselves strengthened and sustained the Orientalist legacy“ und „Consequently, postcolonial nationalist elites in the Muslim world and elsewhere have largely operated on Orientalist assumptions in the realisation of their nationalist and authoritarian internal civilising missions, which often amounted to murderous ethnic cleansing, through the justification derived from the teleology of progress and modernity. The conceptualisation of a national history was key to the creation of the nationalist mythical origin, reproducing Eurocentric notions about the past which had underpinned the European civilising mission (…)“ (Ebd.)

Das große Zivilisierungsprojekt – „Şark[16] Islahat Planı 1925″ und „the universal truth“ oder der Orientalismus[17] des Kemalismus

Der Vertrag von Sèvres wurde am 10. August 1920 beschlossen. Dieser Vertrag, welcher zwischen der Entente[18] und dem Osmanischen Imperium im Rahmen der Pariser Vorortverträge, die den Ersten Weltkrieg formal beendeten, beschlossen wurde, unterteilte den Rest vom Osmanischen Imperium, sprich die heutige Türkei in Interessensgebiete der Entente (Mandatsgebiete; Anm.) und Gebietsabtrennungen an Armenien, Griechenland und Autonomiegebiet Kurdistan (Artikel 62; Anm.). Auch anderen Minderheiten wie den Assyrer*innen/Chaldäer*innen, Jüd*innen, etc. wurden Rechte eingeräumt.

Nachdem die Türkei unter Mustafa Kemal Atatürk im Griechisch-Türkischen Krieg 1919-1922 (Kurtuluş Savaşı; Anm.) gesiegt hat, konnten die Bestimmungen, welche nach dem Ersten Weltkrieg beschlossen wurden revidiert werden. Am 24. Juli 1923 wurde zwischen der Türkei sowie Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Griechenland, Rumänien und dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen der Vertrag von Lausanne beschlossen, welche die heutigen Staatsgrenzen der Türkei garantierte. Der türkische Staatsgründungsvater soll einst gesagt haben: “Musul-Kerkük kadar önemli olan ikinci konu, Kürtlük sorunudur. İngilizler orada (Kuzey Irak’ta y.n.) bir Kürt devleti kurmak istiyorlar. Bunu yaparlarsa, bu düşünce bizim sınırlarımız içindeki Kürtlere de yayılır. Bunu engellemek için sınırı güneyden geçirmek gerekir” (Deutsch: Musul-Kerkük ist ein sehr wichtiges zweites Thema, kurdische Frage. Die Engländer wollen dort einen kurdischen Staat errichten. Wenn sie das tun, dann wird diese Idee auch auf die Kurden innerhalb unserer Staatsgrenzen Eingang finden. Um das zu verhindern, müssen wir die Grenze durch den Süden ziehen).[19]

Es handelt sich hierbei um denselben Atatürk, welcher im Kurtuluş Savaşı auf die Muslimbrüder*schaft  der kurdischen Stämme und Klans aufgebaut hatte, ihnen Zugeständnisse im Hinblick auf Autonomie machte und dadurch deren Unterstützung gewann. Der erste kurdisch-zazaitische Aufstand, Scheich Said Aufstand ließ also nicht lange auf sich warten. Dieser ethno(kurdisch-zazaitisch)-nationalistische, sunnitische Aufstand unter Sheich Said begann am 13. Februar 1925 und dauerte an bis 31. März 1925. Er wurde mit Gewalt niedergeschlagen und am 24. September 1925 wurde das Zivilisationsprojekt bzw. der Reformplan für den Osten 1925 beschlossen (Türkisch: Şark Islahat Planı 1925).

Mit diesem Entscheid wurden zunächst die kurdischen Führer in andere Teile der Türkei deportiert. Diese organisierten sich trotzdem und kurdische Organisationen fassten sich zusammen und gründeten eine Art Organisation der Intellektuellen Xoybun. Diese aus islamischen und kurdisch-nationalistischen Intellektuellen zusammengesetzte Organisation unterstütze die nach dem erstickten Aufstand von Sheich Said gestarteten Ararat-Aufstände (1927-1930). Am 29. Dezember 1929 entschied Mustafa Kemal Atatürk eine militärische Operation am Ararat zu starten: Temizlik başladı. Zeylân Deresindekiler tamamen imha edildi”[20] (Deutsch: Die Säuberung hat begonnen. Alle im Zilan Tal lebenden wurden eliminiert). Zeitungsheadlines wie „Sie vermischen rohes Fleisch mit bißchen Bulgur und haben keinen Unterschied zu den Wilden Afrikas und den Kannibalen.“[21]; und: „Unsere Flugzeuge bombardieren die Banditen schwer. Der Ararat […] steht in Flammen. Die eisernen Flügel der Türken beseitigen die Aufständigen. […] Die Zahl der Getöteten bei dem Zilan-Manöver ist 15.000. Die Zilan-Schlucht ist bis oben hin voll mit Leichen.“[22]; und: „Diese [Kurden] sind zwar talentierter als die Indianer Amerikas, aber doch blutrünstig und barbarisch…[…] Sie sind seit Jahrhunderten eine Plage für unsere Rasse.“ [23]; schmückten die staatliche Zeitung Cumhuriyet 1930.

Diese Zivilisierungsprojekte wurden Jahrelang weiterfortgesetzt und fanden ihren Höhepunkt im Genozid der Alevitisch-Zazaitischen[24] Bevölkerung in Alt-Dersim[25] 1937/38, wobei die Vorarbeiten zu diesem Genozid bereits Anfang 1930er starteten.[26] Auch hier lauteten die Schlagzeilen “Açlar ile çıplaklarla meskûn olan bir yer medenileştiriliyor, geriliğin ana merkezi olan bu muhitte şimdi Türk motörlerinin uğultusu birbirine karışıyor” (Deutch: Ein von Hungernden und Nackten besiedeltes Gebiet wird zivilisiert. In diesem als Zentrum der Rückständigkeit bekannten Gebiet ertönen jetzt die türkischen Maschinen.).[27]

Im Zilan-tal wurden geschätze 15.000 Menschen und in Dersim um die 60.000 Menschen getötet.

Türkei und das Doğu seit 7. Juni 2015 und “the mediating role” des Islamo-Kemalismus

Mit dem Bombenattentat am 21. Juni 2015 in der Provinz Urfa/Suruç[28] auf zig junge Menschen[29], die im Rahmen einer humanitären Unterstützungskampagne nach Kobani[30] reisen wollten, provozierte die Regierung militärische Operationen im Doğu. Am 23. Juni 2015 startete die Regierung das so genannte „Friedensprojekt“ (Türkisch: Barış ve Huzur Operasyon’u) und bombardierte monatelang kurdische Siedlungsgebiete, was zur Zwangsevakuierung mehrerer hunderttausend kurdischer Mitbürg*innen führte. In einem Rapport der Cumuriyet Halk Parti’si CHP (Deutsch: Republikanische Volkspartei) wird festgehalten, dass um die 200.000 Mitbürg*innen im Zuge der Zwangsevakuierung zu Flüchtlingen innerhalb der eigenen Staatsgrenzen geworden sind.[31]

Immer wieder wird die Tagespolitik mit Aussagen des stets präsenten Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, wie

Tek vatan diyoruz, bu ülkede 79 milyon insan var.“ (…)“Ben Kürdüm, ama ben Türk milletindenim, Boşnak’ım ama ben Türk milletindenim. Böyle denmeli. Tek vatan, bu vatanda kimse operasyona kalkışmasın, kalkışırlarsa şu anda ödedikleri bedelin kat be kat fazlasını ödeyecekler, bunu herkes kabullenecek. Biri çıkmış paralel, öteki çıkmış bilmem ne devleti. Türkiye Cumhuriyeti olarak ya varsın ya yoksun, bu olay böyle. Hep birlikte Türkiye olarak hedeflerimize ulaşacağız, onun için parçalanmayacağız. Birbirimizi Allah için seveceğiz, birilerine prim vermeyeceğiz“ markiert (Deutsch:  Ich bin Kurde aber ich bin von der türkischen Nation, ich bin albanische Minderheit, aber ich bin von der türkischen Nation. So muss es gesagt sein. Es gibt nur eine Nation, und in dieser einen Nation soll niemand irgendwelche Aktionen setzen, wenn dann werden sie das bitter bezahlen. Jeder hat das zu akzeptieren. (…) Entweder du existierst in der türkischen Republik oder nicht. Das ist so. Alle zusammen sind wir die Türkei und wir werden unsere Ziele so erreichen, darum werden wir uns nicht spalten. Wir werden einander für Allah lieben (…)).[32]

Wie gestern so auch heute schmücken Schlagzeilen wie „Nusaybin yerle bir. Savaş manzaraları ilçede, yıkılan evlerin duvarlarına Türk bayrakları asıldı[33] (Deutsch: Nusaybin wurde dem Boden gleich gemacht. Auf den Häusern der Vorstadt, die aussehen wie im Kriegszustand, wurden türkische Flaggen aufgehängt). Die Bomben haben diese einst historische Stadt in der Provinz Mardin zerstört und 50tausend – zu einem sehr großen Anteil – Kurd*innen mussten ihre Heimat in die Binnenflucht verlassen.[34] Zurück blieben Schmierereien mancher türkischer Soldaten an den Mauern der ruinierten Häuser der Kurd*innen: „Wenn du Türke bis dann sei stolz. Wenn nicht, dann ordne dich unter“ (Türkisch: Türk‘sen övün, değilsen itaat et); „Der Sieg ist Gottes“ (Türkisch: Zafer Allahındır); „Der Staat ist gekommen“ (Türkisch: Devlet geldi); „Seid brav und der Staat kommt nicht wieder“ (Türkisch: Akıllı olun. Devlet bir daha gelmesin); etc.

Die (Parlaments-)Wahlergebnisse vom 7. Juni 2015 wurden von der AKP-Regierung nicht akzpetiert und die Koalitionsbildung bis zum Ende der Frist hingehalten, sodass letztendlich Neuwahlen für den 1. November 2015 angesagt wurden. Der Forderung “Gebt mir 400 Abgeordnete und ich werde den Krieg beenden” des Präsidenten Erdoğan wurde seitens der Bevölkerung Gehorsam gewidmet und mit einem Anteil von 49,48 %[35] der Wähl*innenstimmen wurde der AKP die Alleinregierung erneut sicher. Seither herrscht Ausnahmezustand in der Region.[36]

Schluss

Damit komme ich zum Abschluss und möchte darauf hinweisen, dass in einem Land in der – auch auf Grund von radikalen Homogenisierungsmaßnahmen[37] – Identitätskrisen herrschen und die Tagespolitik sehr dynamisch ist, die Spaltungen auch innerhalb der Kurd*innen erst recht zu Schwierigkeiten in der Orientierungsfindung und – haltung führen. Abermals suchen die Kurd*innen allgemein und angesichts ihrer schwächeren Situation in der weltpolitischen Konjunktur im Rahmen von Macht- und Interessenspolitiken, erneut nach einem Kompromiss entlang der Muslimbrüder*schaftslinie. Deutlich wurde dies zum einen durch die Newroz-Rede vom Abdullah Öcalan und zum anderen wiederholt in den Wahlkampfreden (2015) des Co-Vorsitzenden der pro-kurdischen Halkların Demokratik Parti’si HDP (Deutsch: Demokratische Partei der Völker) Selahaddin Demirtaş, als wieder auf die Kooperation und Solidarität im Kurtuluş Savaşı 1919-1923 hingewiesen wurde.[38]

Mit dem “merkwürdigen” Putsch am 15. Juli 2016 wurde erneut die Unterstützung der kurdischen AKP-Wähl*innenschaft für den Reis[39] (Deutsch: (An-)führer; Anm.) mit der Idee der “Muslimbrüder*schaft  unter einer Flagge in einem Vaterland” noch einmal deutlich.[40] Die Alevit*innen und andere Minderheiten in der Türkei scheint es mit diesem Putsch, vor allem aus Angst vor dem Erstarken des politischen Islam abermals und hoffnungslos unter die Fittiche des Kemalismus gedrängt zu haben.

Die Besorgnis bei AKP-kritischen und oppositionellen Personen ist groß und nach dem “merkwürdigen” Putsch 2015 scheint das Land für viele in eine unabsehbare Zukunft abzudriften.

 

Literatur

Arslan, Zeynep (2016): Eine religiöse Ethnie mit Multi-Identitäten. Die europäisch-anatolischen Alevit_Innen auf dem Weg zur Institutionalisierung ihres Glaubenssystems. LIT Verlag. Wien.

Arslan, Zeynep (2008): Eine Analyse der politischen Ökonomie Türkei-Nord-Kurdistan unter dem Aspekt der Abhängigkeitsstrukturen zur EU und zu den USA. Veröffentlichte Diplomarbeit. Universität Wien.

Bulmer, Martin; Solomos, John (1998): Introduction: Re-thinking Ethnic and Racial Studies. In: Ethnic and Racial Studies; vol. 21. Nr. 5. S. 819-837

Keyman, E. Fuat; Öni, Ziya (2003): Turkey’s Delayed Encounter with Global Thrid Way Politics: The AKP and the Possibility of Democratization. In: Journal of Democracy (April 2003); Vol. 14. No. 2. S. 95-107

Kieser, Hans Lukas (2001): Muslim Heterodoxy and Protestant Utopia. The Interactions between Alevis and Missionaries in Ottoman Anatolia. In: WI 41. Nr. 1.

Mecham, R. Quinn (2004): From the ashes of virtue, a promise of light: the transformation of political Islam in Turkey. Third World Quarterly. Vol 25. Vol. 2. S. 339-358

Varela, Maria do Mar Castro; Dhawan, Nikita: Postkolonialer Feminismus und die Kunst der Selbstkritik. In: Spricht die Subalterne deutsch?. Hito Steyerl, Encarnacion Gutierrez Rodriguez (Hg.). 2003. Unrast Verlag. Münster.

Yıldırım, Ergün; İnaç, Hüsamettin; Özler, Hayrettin (2007): A Sociological Representation of the Justice and Development Party: Is it a Political Desgin or a Political Becoming?: In: Turkish Studies (March 2007). Vol. 8. No. 1. S. 5-24

Zeydanlıoğlu, W. (2007): Kemalism’s Others: The Reproduction of Orientalism in Tukey. Nicht-Veröffentlichte Dissertation. Anglia Ruskin University, Cambridge

Zırh, Besim Can: Bir Kesişim olarak Milli-Muhafazakârlığın Üç Değili: Aleviler, Ermeniler ve Kürtler. Çakmak, Yalçın; Gürtaş, İmran. Hg. (2015): Kızılbaşlık, Alevilik, Bektaşilik. Tarih-Kimlik-İnanç-Ritüel. İletişim Yayınları. İstanbul.

[1] Türkisch: ötekileştirme.

[2] Im Griechisch-Türkischen / Befreiungs(k)rieg (Türkisch: Kurtuluş Savaşı) wurden die Menschen im Namen der Islambrüderschaft gegen die „christlichen Imperialisten des Westen“ mobilisiert. Immer wieder werden die Menschen mit diesem Bild auf die Straße geholt, wie zuletzt im Fall des „merkwürdigen“ Putsch in der Türkei. Dieses Bild wurde durch die AKP unter Recep Tayyip Erdoğan auch zu Wahlkampfzeiten stets auf verschiedene Weise propagiert. Siehe: Millet Eğilmez (Deutsch: Die Nation beugt sich nicht): https://www.youtube.com/watch?v=80J0FCe69to [4.8.2016]

[3] Webseite Tarih ve Toplum: Köy Enstitüleri Neden Kuruldu, Neden Kapatıldı?: https://toplumsaltarih.wordpress.com/2012/09/07/koy-enstituleri-neden-kuruldu-neden-kapatildi/ [4.8.2016] Zu den Lehrinhalten siehe: http://www.serenti.org/koy-enstitusu-sistemine-toplu-bir-bakis/ [4.8.2016]

[4] Webseite Halkevleri:  http://www.halkevleri.org.tr/ [4.8.2016] Zusatzinformation: Von 1963 bis 1980 (durch den Militärputsch verboten und geschlossen; Anm.) erlebte die Existenz der Halkevleri eine von der Regierung eher unabhängige zweite Ära, die eine Art links-kemalistische Linie innegehabt zu haben scheint. Die Dritte Ära erleben die Halkevleri seit 1987. Sie fungieren heute wie eine Art Verein und nach wie vor in einer kemalistischen Linie nach Mustafa Kemal Atatürk.

[5] JITEM (Türkisch: Jandarma İstihbarat ve Terörle Mücadele; Deutsch: Geheimdienst und Terrorabwehr der Gendarmerie) wird dem sogennanten „Deep State“ in der Türkei zugerechnet und war unter anderem von vielen kurdischen Komplizen besetzt.

[6] Freie Universität Berlin (15.7.2016): Scholar of Iranian and Kurdish studies at Freie Universität publishes new German-Kurdish dictionary . “Language is a medium for transmission of culture”: http://www.fu-berlin.de/en/presse/informationen/wissenschaft/2016/201607/deutsch-kurdisches-woerterbuch.html [4.8.2016]

[7] Dieser Prozess wies tatsächlich eine Veränderung der Türkei in Richtung Stärkung der Demokratisierungsprozesse auf. So wurden die Demokratiepakete (Türkisch: Demokratik Açılım Paketleri) im Hinblick auf Förderung von Minderheitenrechten ebenso in dieser Zeit thematisiert. Mit den folgenden Jahren stellten sich allerdings auch diese Initiativen als oberflächliche und nicht ernstgemeinte Hinhalte-Aktionen heraus. Siehe: Amtsblatt 16. Juli 2014. Nr. 29062:  TERÖRÜN SONA ERDİRİLMESİ VE TOPLUMSAL BÜTÜNLEŞMENİN GÜÇLENDİRİLMESİNE DAİR KANUN. http://www.resmigazete.gov.tr/eskiler/2014/07/20140716-1.htm [1.9.2016]

[8] Im Zuge des „merkwürdigen“ Putschs vom 15.7.2016 in der Türkei steigen Slogans wie „Solange die Kinder von Selahaddin Eyyubi (kurdisch-stämmiger osmanischer Pascha, der im 12. Jahrhundert Jerusalem von den christlichen Kreuzzügen erobert hat; Anm.) und des Fatih Sultan Mehmed (türkisch-stämmiger osmanischer Pascha, der 1453 das heutige Istanbul erobert hat; Anm.) zusammenhalten, werden sie es nicht schaffen!“ durch manche AKP-Staatsmänner: ‚Fatih’in torunlarıyla, Selahaddin’in torunları bir olduğu müddetçe başaramayacaklar‘. Siehe: Mardin Dost Haber (23.7.2016): http://www.mardindosthaber.com/Fatihin-torunlariyla-Selahaddinin-torunlari-bir-oldugu-muddetce-basaramayacaklar-haberi-23099/ [4.8.2016]

[9] Wahlergebnisse 7. Juni 2015. Tageszeitung Cumhuriyet: http://www.cumhuriyet.com.tr/genel_secim_2015_7_haziran/ [4.8.2016]

[10] Tageszeitung Cumhuriyet (31.7.2015): „Şimdi Erdoğan’ın bu sözleri tartışılıyor: 400 milletvekilini verin ve bu iş huzur içinde çözülsün“ (Deutsch: Gebt mir 400 Abgeordnete und die Sache soll in Frieden gelöst werden): http://www.cumhuriyet.com.tr/video/video/334845/Simdi_Erdogan_in_bu_sozleri_tartisiliyor__400_milletvekilini_verin_ve_bu_is_huzur_icinde_cozulsun.html# [4.8.2016] und Online News Portal Diken (6.9.2015): „Erdoğan’dan ‘samimi itiraf’: 400 milletvekili alınsaydı durum farklı olurdu“ (Deutsch: Würden 400 Abgeordnete genommen werden, dann würde die Situation ganz anders aussehen): http://www.diken.com.tr/erdogandan-samimi-itiraf-400-milletvekili-alinsaydi-bunlar-olmazdi/ [4.8.2016]

[11] Internet Newsportal T24 (10.3.2015): Eren Keskin: Kemalistler ve İslamcılar arasında hiçbir fark yok (Deutsch: Eren Keskin: Zwischen den Kemalist*innen und den Islamist*innen gibt es keinen Unterschied): http://t24.com.tr/yazarlar/cetin-ceko/eren-keskin-kemalistler-ve-islamcilar-arasinda-hicbir-fark-yok,11444 [5.8.2016]

[12] Spiegel Online Politik (5.8.2013): Ergenekon-Prozess in der Türkei: Erdogan rechnet ab: http://www.spiegel.de/politik/ausland/erdogan-rechnet-ab-ergenekon-prozess-in-der-tuerkei-a-914788.html [4.8.2016]

[13] Tageszeitung Hürriyet (4.6.2013): Başbakan: Yüzde 50’yi evinde zor tutuyorum (Premierminister: „Ich kann die 50 % nur schwer unter Konrolle halten“ gemeint ist: dass seine 50 % Wähler*innenschicht jeden Moment die Gezi-Protestierende im Namen der Regierung attackieren könnten): http://www.hurriyet.com.tr/basbakan-yuzde-50-yi-evinde-zor-tutuyorum-23429709 [5.8.2016] Anm.: Diese Aussage wurde im Zuge der Gezi-Proteste in Istanbul 2013 gemacht.

[14] Journal Demokratik Modernite (25.1.2016): Abdullah Öcalan: Sömürge Kürdistan Teorisi Doğru Bir Başlangıçtır (Deutsch: Abdullah Öcalan: Die Theorie Kurdistan als Kolonie ist ein richtiger Beginn): http://www.demokratikmodernite.org/?p=304 [4.8.2016]

[15] Zur Frage des Laizismus in der Türkei siehe Arslan 2016: 116fff

[16] Kommt vom Arabisch und bedeutet: der Osten, Orient, dort, wo die Sonne aufgeht. Im Osmanischen Imperium ist es das Gebiet östlich der Provinz Sivas. Für die kurdische Bewegung ist es das Kurdistan.

[17] Zeydanlioglu, W. (2007): Kemalism’s Others: The Reproduction of Orientalism in Tukey. (Unpublished doctoral dissertation). Anglia Ruskin University, Cambridge.

[18] ein informelles Bündnis zwischen dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Russland

[19] “Eskişehir İzmir Konuşmaları” (1993). Kaynak Yayınları. İstanbul. S. 95

[20] [Headline of the daily Cumhuriyet dated July 13, 1930: Cleaning started, those at Zeylân valley were completely annihilated, None of them survived, operation at Ağrı are continuing] : AĞRI DİRENİŞİ VE ZİLAN KATLİAMI (Deutsch: Der Ağrı Widerstand und das Zilan Massaker): https://ercishaber.wordpress.com/page/8/ [4.8.2016]

[21] Tageszeitung Cumhuriyet 1930

[22] Yusuf Mazhar: Cumhuriyet vom 16. Juni 1930

[23] Yusuf Mazhar: Cumhuriyet vom 18. August 1930

[24] Kırmanc ist die Bezeichnung, die diese Bevölkerung für sich als Eigennamen verwendet.

[25] Türkisch: Dersim, Armenisch: Տէրսիմ/Դերսիմ Tersim, Kurmanci: Dêrsim, Zazaki: Dêsım historische Region umfasst die Provinzen Tunceli (Zazaki: Mamekiye), teilwesie Elazığ, Bingöl, Sivas, Erzincan, Varto und Erzurum.

[26] Tageszeitung Cumhuriyet 27. November 1937: https://www.google.at/search?q=dersim+tertelesi+cumhuriyet+gazetesi&biw=1680&bih=934&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwjNrK2P9KfOAhUHcRQKHc2rAvwQ_AUICCgD#tbm=isch&q=dersim+soyirimi+cumhuriyet+gazetesi+barbarlar&imgrc=WkImG5wzL3_OFM%3A [4.8.2016]

[27]İIllelebet Milli Cumhuriyet. Haberler Analizler dosyalar Araştırmalar Belgeler. Atatürk ve Dersim Katliamı: https://millicumhuriyet.com/ataturk/940-2/ [4.8.2016]

[28] BBC TÜRKÇE (21.7.2015): Suruç’ta katliam: 31 ölü, 104 yaralı (Deutsch: Massaker in Suruç: 31 Tote, 104 Verletzte): http://www.bbc.com/turkce/haberler/2015/07/150720_suruc_saldiri [5.8.2016]

[29] Mitglieder der Sosyalist Gençlik Dernekleri Federasyonu (SGDF) (Deutsch: Föderation der Sozialistichen Jugendvereine)

[30] Kobanê (kurdisch کۆبانێ Kobanê bzw. کۆبانی Kobanî ist eine kurdische Stadt in Syrien und ist eines der Hauptangriffspunkte der sunnitischen Miliz ISIS (Islamischer Staat im Irak und Syrien; Anm.).

[31] Tageszeitung Cumhuriyet. Doğan Nachrichtenagentur (DHA): (29.2.2016): „Halk, PKK ile iktidarın anti demokratik uygulamaları arasına sıkışmış halde“ (Deutsch: Das Volk ist zwischen die PKK und die anti-demokratischen Aktionen der Regierung eingeklemmt) http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/siyaset/489609/_Halk__PKK_ile_iktidarin_anti_demokratik_uygulamalari_arasina_sikismis_halde_.html [5.8.2016]

[32] Pro-kurdische Tageszeitung Özgür Gündem (6.4.2016): Erdoğan’dan, anti-Kürt kirli savaşa yeni boyut: Herkes Türktür, direnen Kürt şehirleri boşaltılıp yıkılmalıdır (Deutsch: Neue Dimension Erdoğans  zum anti-kurdischen schmutzen Krieg:Alle sind Türken und die protestierenden kurdischen Städte werden evakuiert und zerstört werden): http://www.ozgurgundem.info/haber/162758/erdogandan-anti-kurt-kirli-savasa-yeni-boyut-herkes-turktur-direnen-kurt-sehirleri-bosaltilip-yikilmalidir [5.8.2016]

[33]Tageszeitung Cumhuriyet (6. Juni 2016): Nusaybin yerle bir. Savaş manzaları ilçede, yıkılan evlerin duvarlarına Türk bayrakları asıldı: http://www.cafesiyaset.com.tr/cumhuriyet-nusaybin-deki-turk-bayragindan-rahatsiz-oldu_470070.html [5.8.2016] und weiter im Artikel: „Nusaybin temizlendi“ (Deutsch: Nusaybin wurde gereinigt/gesäubert).

[34] IMC Newsagentur: Rapport von Göç-Der (Verein für Migration) (30.6.2016): GÖÇ-DER’den Nusaybin raporu: Nüfusun yüzde 80’inden fazlası göç etti (Deutsch: Nusaybin Rapport von Göç-Der: Mehr als 80 % der Bevölkerung ist emigriert): http://www.imctv.com.tr/goc-derden-nusaybin-raporu-nufusun-yuzde-80inden-fazlasi-goc-etti/ [5.8.2016]

[35] NTV Nachrichtenagentur: 1 Kasım 2015 Genel Seçimleri (Deutsch: 1. November 2015 Parlamentswahlen): http://secim.ntv.com.tr/#City=&County=&Party=&Tab=&TabGroup= [5.8.2016]

[36] Offiziell im ganzen Land seit 19. Juli 2015 mit dem letzten „merkwürdigen“ Putsch. Siehe: Online Newsportal Çağdaş Ses (19.7.2016): Yarın 81 ilde OHAL ilan edileceği öğrenildi. (Deutsch: Morgen wird in 81 Bundeländern der Ausnahmezustand erklärt): http://www.cagdasses.com/siyaset/46817/81-ilde-ohal-ilan-ediliyor [5.8.2016]

[37] Diese Haltung wird täglich und mehrmals mit dem Slogan “Tek Vatan, tek millet, tek dil, tek bayrak!” (Deutsch: “Ein Vaterland, eine Nation, eine Sprache, eine Flagge!”) durch den Staat und staatliche Akteure stets und vehement in Erinnerung gehalten

[38] Tageszeitung Cumhuriyet (14.9.2015). Anadolu Ajansı (AA): Demirtaş’tan gençlere: Birileri canından vazgeçecekse…(Deutsch: Von Demirtaş an die Jugend: Wenn jemand sein/ihr Leben aufs Spiel setzen soll…): http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/siyaset/368967/Demirtas_tan_genclere__Birileri_canindan_vazgececekse….html# [5ç8ç2016] und: Ermenistan. Online siyasi dergi ve bilgi portalı (20.9.2015): Recep Maraşlı: TÜRKLERLE KÜRTLER BERABER KİMİN KANINI DÖKTÜK? (Deutsch: Wessen Blut haben wir Kurden und Türken gemeinsame vergossen?): http://ermenistan.de/recep-marasli-yazi-turklerle-kurtler-beraber-kimin-kanini-doktuk/ [5.8.2016]

[39] So wird Recep Tayyip Erdoğan seit dem letzten “merkwürdigen” Putsch in seiner Anhänger*innenschaft genannt.

[40] Online News Portal. Doğru Haber (23.7.2016): `Fatih`in torunlarıyla, Selahaddin`in torunları bir olduğu müddetçe başaramayacaklar` (Deutsch: Solange die Enkelkinder des FAtih und des Selahaddin zusammenhalten, werden sie es nicht schafften): http://www.dogruhaber.com.tr/mobil/Haber.php?id=216267 [6.8.2016]

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